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Die Ortschronik von Reinhard Kuhlmann - Seite 192a

"Der Pfarrer war nicht von vornherein ein Gegenstand des Zutrauens." (*) " Mochte einer feierlich von der Kirchenbehörde eingesetzt sein, den Amtsrock vorweisen und die feierliche Stimme: die Heidluger ... fragen für sich nach einem andern Zeugnis, das nicht auf dem Papier steht". So wußte Philippi Bescheid, was auch seine ersten Eintragungen in der Kirche-Chronik beweisen. Bei solcher Sachlage hätte er nun als Pfarrer besonders "vorsichtiglich wandeln" müssen. Aber da erschienen seine Bücher. Einige Erzählungen darin hatten das Sektenwesen zum Gegenstand.
So gleich die erste in dem Buche "Hasselbach und Wildendorn": "Der Lohnprediger." Es war eine Verteidigungsschrift gegen den Vorwurf von Gegnern der Kirche, die Pfarrer seien Lohnprediger. Philippi kehrt darum den Spieß um und sucht nachzuweisen, daß die Lohnprediger auf der anderen Seite zu suchen seien: "Zu merkwürdig! Dem Pfarrer als dem Lohnprediger warf man das Bibelwort wie einen Strick um den Hals: "Umsonst habt ihrs empfangen, umsonst gebet es auch!" Und dem Evangelisten brachten dieselben Leute freiwillig mit Scheffeln was sie dem Pfarrer tropfenweise versagten".
- Im zweiten Buche Philippis "erschienen erst 1907" ("Unter den langen Dächern".) beschäftigte sich hauptsächlich die Erzählung "Als einer nach Heidlug kam" mit der Sektiererei im Kirchspiel. Es war die Geschichte des Althändlers Baches, dem Philippe in seiner Not wieder zu einem Pferd verholfen hatte, der aber dann aus der Kirche austrat und zu den Darbysten überging. Es ist vom menschlichen Standpunkt aus begreiflich, daß der junge, pflichteifrige Pfarrer unter solchen Erfahrungen litt und dem Dichter in ihm die Auseinandersetzung und damit die Befreiung von dem, was den Pfarrer hier bedrückte, überließ. Ist dies aber an sich schon eine heikle Sache, so mußte sie bei der schalkhaften Art Philippis geradezu verhängnisvoll werden. In Philippi als Pfarrer war der Künstler nicht frei. Die Rücksicht auf das Amt gebot, das Dichterrößlein ein wenig im Zaum zu halten. Philippi aber ließ es sich munter tummeln, unbekümmert darum, ob es bei seinen übermütigen Seitensprüngen wieder manches zertrat, was er als Pfarrer anbaute und pflegte. Besonders mußte die Erzählung "Der Lohnprediger", deren Handlung fast ganz erfunden war, (**) Anstoß erregen. Gegen die Erzählung von dem Althändler, die in feinerer betrachtender Art gehalten war, war weniger einzuwenden. Sie enthielt freilich mancherlei Wahrheiten, die von denen, die es betraf, nicht minder peinlich empfunden wurden, als die Fabeleien, der ersten Erzählung. So unter anderem die Feststellung: "Riesengroß war die Verkehrtheit der Menschen, die sich in ihrer Bibel verirrt hatten wie in einem dichten Wald! Und wenn sie des Wissenden Stimme strafte, entfloh sie noch tiefer ins Dickicht und wähnte sich im Himmelreich." Der Schluß gipfelte in der Erkenntnis: "Nicht nur die Menschen der Heide greifen nach den Wolken und dem Licht, sondern Wolken und Licht greifen nach ihnen mit der Übergewalt. Es war nichts dagegen zu tun. " - Das Verhältnis


*) Dies trifft nur auf die Versammlungsleute zu, und da auch nur zum Teil. Philippi war auch selbst nicht immer dieser Meinung. Auf dem Wege zum Wildweiberhäuschen sagte er in 1903 zu mir, als wir von der Wirkung seiner Bücher auf die Breitscheider sprachen: "Der Pfarrer ist hier bei vielen ein halber Herrgott, und wenn sie dann menschliche Seiten an ihm gewahren, werden sie irre an ihm."

**) Um die allgemeine Wahrheit, die das Ganze durchzog, (nämlich: Es ist kein Unterschied, auch die Abgesonderten stehen mit beiden Füßen auf der Erde und sind in gleicher Weise dem Irdische verhaftet wie die anderen.), ging es nur dem Dichter; ob die Einzelhandlungen der Wirklichkeit entnommen waren, war weniger wichtig.

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von Kornelia Pelz übersetzt

 

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zitiert aus dem "Herborner Tageblatt"

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