meine pädagogische Weisheit und meine fachmännische Tätigkeit viel zu wünschen übrig. Der mir trotzdem verliehene Einfluß beruhte in meinem Idealismus, der, von der Liebe zu den Kindern und dem Gefühl der Hoheit meines Berufs getragen, mir die Schularbeit zur Herzenssache machte. Dazu aber kam der fördernde Einfluß des Hauses. War er auch nicht überall vorhanden und, wo er wirkte, nicht überall gleich stark, so herrschte doch in vielen Häusern neben guter Zucht und Sitte ein ernstes, höheres Streben, das sich vielfach auch in christlicher Gesinnung und guten Grundsätzen kundgab und so die Kinder zum Guten anleitete und die Autorität ihres Lehrers erhöhte. Im großen und ganzen waren es unverdorbene brave Kinderherzen, die das Arbeitsfeld bildeten, und viele verständige, treue Eltern waren die Mitarbeiter. So stand es damals in Breitscheid.
- Heute sind die Bedingungen für die Jugenderziehung wohl fast überall nicht so günstig. Unser Volksleben wiegt zu sehr zur Veräußerlichung, unter der das Familienleben und die Kindererziehung leiden. Jedenfalls ist die Schularbeit wenigstens nach ihrer erziehlichen Seite schwieriger geworden. Gerade deshalb ist aber auch ein starker erziehlicher Einfluß der Schule nötiger denn je, und dieser wird wohl noch in dem biblischen, ethischen und pädagogischen Wahrheiten seine kräftigste Stütze finden. Auch die jetzt stärker betonte Erziehung zur Heimatliebe, die vor allem in der Liebe zu ihren Bewohnern gipfeln sollte, ist geeignet, recht veredelnd zu wirken."
- Rektor Herr starb .... in Schierstein.
Johannes Kreuter, gebürtig von Merkenbach, war von 1842 bis 1879 Lehrer hier, nahezu 37 Jahre. Bis zur Errichtung der 2. Schulstelle in Breitscheid und ihrer Besetzung durch einen Schulgehilfen (im Jahre 1865) hatte er allein die große Schule hier zu betreuen, manchmal über 130 Schüler.
- Kreuters Dienstgeist hier fiel zunächst in die Zeit der Freiheitsbestrebungen des deutschen Volkes und nach 1850. in die der sogenannten "Reaktion", der Gegenwirkung seitens der Regierung und der Kirche. Ein gläubiges, frommes und der Obrigkeit treu ergebenes Geschlecht sollte herangezogen werden. Kreuter war für diese Bestrebungen ein willführiges Werkzeug, besonders unter dem etwas fanatischen Pfarrer Wolff (1865-1873). Da war die Schularbeit wieder vorwiegend auf die Bedürfnisse der Kirche eingestellt. Der Religionsunterricht nahm eine stark bevorzugte Stellung ein. Oft wurde er von Kreuter weit über die planmäßige Zeit ausgedehnt. Das Gedächtnis der Kinder wurde mit religiösen Lehrstoffen übermäßig belastet. Nicht nur die "Biwels Geschichte" mußte auswendig gelernt werden, sondern zum Teil auch noch ein ebenso umfangreiches Buch über die Kirchengeschichte; dazu viele Sprüche und Gesangbuchlieder, nicht zu vergessen den Katechismus. Am Sonntag mußten die älteren Schüler 2 mal den Gottesdienst besuchen, und der Lehrer forderte am Montag schriftlichen Bericht über die Predigt: über den Text, den "Hauptsatz" und die "Teile". (Das war auch noch zu meiner Schulzeit unter Pfarrer Schmaltz der Fall. (1886-1897). Die weltlichen Fächer traten natürlich sehr zurück; so sind die Kenntnisse der heutigen alten Generation z.B. in Geographie sehr mangelhaft. "Hampitters Gottlieb, wie Philipp sein Freund nennt, wußte nicht einmal, wo England lag. Von solchen Einseitigkeiten abgesehen, standen die Leistungen der Schüler auf verhältnismäßig hoher Stufe. Weil die Kinder viel schriftlich beschäftigt wurden, war Schrift und Rechtschreibung ziemlich gut. Sie hatten zu Zeiten 3 Schiefersteine im Gebrauch.
- Kreuter blieb Junggeselle, und seine ganze Kraft setzte er, wie sein Kollege Herr nachher, für die Schule ein. Im ganzen ging es aber zu seiner Zeit zu streng in der Schule her. Eigentliche Pausen gabs nicht, nur eine "Holungszeit", in der das Frühstück geholt und verzehrt wurde. Turnen und Spielen sucht man vergeblich auf dem Plan. Herumtreiben auf der Straße war auch vergönnt, die Kinder sollten ihren Eltern arbeiten helfen. Beim Lehrer Weber in Uckersdorf um (1850) war das Schlittenfahren streng verboten. Übertreter des Verbots bekamen den Rücken mit dem Geiselstiel verbläut. (Weber war gebürtig aus Rabenscheid)
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von Kornelia Pelz übersetzt
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