1934
19. April. Breitscheid erhält die Motor-Feuerspritze. Die feierliche Übergabe an die Gemeinde durch den Kreisbrandmeister Röver sollte um 10 Uhr stattfinden. Die Vertreter der Lieferfirma blieben aber aus; sie waren nach Breitscheid Bezirk Hamm gefahren. Als sie mittags mit Auto hier eintrafen, fand nur die übliche 2 stündige Probevorführung von 2-4 Uhr statt bei der Mühle. Die vorwitzigen Schuljungen, die reichlich getauft wurden, werden den Tag der Einführung der Spritze nie vergessen. Lieferfirma Karl Metz - Karlsruhe. Den Löwenanteil an den Kosten von 2369,60 RM trug die Brandkasse im Betrage von 600 M und der Kreis mit 884 M; die Gemeinde: 510,60 M, die Tonindustrie 250 M, die Müllereigenossenschaft 125 M. -
1. Mai (Nationaler Feiertag). Am Vorabend, 8.30 Uhr, "Kirchengang aller Organisationen, Vereine und der Schule." - Um 12 Uhr einige Besucher aus Breitscheid bei dem großen Feuer auf dem Barstein. - Am 1.5.: 8 ½ Uhr Umzug der Schulkinder durchs Dorf; 8:45 kurze Feier auf dem Schulhof: Ansprache des Hauptlehrers, in welcher er auf die Bedeutung des Tages hinwies: Tag der Einheit des deutschen Volkes und Tag der Arbeit. Gedichte und Lieder der Schulkinder. - 9 Uhr: Übertragung der Jugendkundgebung aus dem Lustgarten - Berlin. - Nachmittags 2:45 Uhr Aufstellung des Festzuges bei der Fabrik. Zugordnung: Motor = SA = Abordnung, Ehrenabteilungen der H.J., B.D.M., Jungvolk, S.A. mit Sturmfahne, Fahnenabordnung der P.O. des Kyffhäuservereins, Der San. Kol., Posaunenchor, Belegschaft des Betriebs der Tonindustrie, Arbeitsdienst Rabenscheid, Handwerker und Gewerbetreibende, Volksgenossen. (Die Ehrenabteilungen erschienen in Uniform, alles Übrige in Berufskleidung oder Zivil. - Da viele Arbeiter Breitscheids mit ihren auswärtigen Betrieben an dem großen Festzug in Herborn teilnahmen, auch 25 Arbeiter von unserer Fabrik dorthin abgeordnet waren, war unser Zug erst halb so lang als im Vorjahre. Aber das tat der Bedeutung des Zuges für unser Dorf keinen Abbruch. Bei dem außergewöhnlich frühen warmen Wetter in diesem Frühjahr stand alles in herrlichem Maiengrün, die Häuser waren schlicht mit Tannengrün und Hakenkreuzfahnen geschmückt. Ein flotter Marsch des Posaunenchors im Wechsel mit den frischfreudig gesungenen Liedern der S.A. (z.B. Märkische Heide) sorgten für strammen Gleichschritt. Die Festzüge zum 1. Mai und zum Erntefest sollten unserm Volk erhalten bleiben. Gerade die Bewohner unserer Dörfer, die geneigt sind, das Leben zu schwer zu nehmen, haben ab und zu eine Aufrichtung des Gemüts besonders nötig. Solche Aufzüge, wo alle Standesunterschiede verwischt sind, festigen auch die Volksgemeinschaft. - Im Anschluß an den Festzug eine politische Feier auf dem Schulhof, wobei der Ortsstützpunktleiter O. Bechtum eine kurze Rede hielt. Gedichte und Lieder, auch ein Volkstanz der B.D.M. = Mädels. Ab 4 Uhr dann die Übertragung der Kundgebung auf dem Tempelhofer Feld. Hitlers Rede wurde andächtig angehört. - Der Ausklang der Feiern abends im Wirtshaus....
19. Mai. Der Zeppelin überflog Breitscheid! Auf dem vom Deutschen Luftsportverband veranstalteten Deutschlandflug am 19. und 20. Mai von Friedrichshafen über Ulm, Heidelberg, Rhein-Ruhrgebiet, Minden, Hamburg, Berlin u.s.w. kam am Pfingstsamstag morgens um ½ 10 Uhr unvermutet über unserer Gemarkung der "Zeppelin" in Sicht, natürlich freudig und begeistert begrüßt von allen, die das Glück hatten ihn zu sehen. Er überquerte den Medenbacher Weg bei den letzten Häusern. Der Chronist kam zu spät; als er das nördliche Dachfenster erreicht hatte, war der Zeppelin gerade über Kunzeloch in der Richtung Langenaubach entschwunden. Aber er darf sich einer noch größeren Erinnerung erfreuen: Als der Zeppelin zum erstenmale Frankfurt besuchte, in 1908 oder 1909, stand die Menge Kopf auf den freien Plätzen in der Nähe des Haupt-Bahnhofs. Wir riefen Hurrah hinauf, während der Graf Zeppelin uns auch begrüßte, lebhaft von der Gondel aus seine weiße Mütze schwenkend.
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von Kornelia Pelz übersetzt
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