1934
Trockener Sommer, frühe Ernte. Schon am 7. Juli war der Steingrund "daheim." Erster Kornschnitt schon um den 20. Juli.
29. Juli. "Kraft durch Freude", veranstaltete eine Rheinfahrt nach Koblenz; von dort Dampferfahrt nach Rüdesheim und zurück. In Erdbach stiegen Sonntag früh 203 Personen ein, die meisten davon waren aus Breitscheid (...). Es war dies bis jetzt die größte Rheinfahrt aus unserer Gegend.
2. August. Hindenburg + ! Gegen 11 Uhr vormittags erschien meine Nichte A. bei mir und berichtete mit trauriger Miene und gedämpfter Stimme, als beträfe es einen nahen Verwandten: "Pat', der Hindenburg es' gestorwe!" Bald darauf kam Friedolins Karl (Georg) an unserem Hause vorbei, und ich rief ihm zu: "Weißt du es schon ... "? Als er es bejahrte, meinte ich ihm gegenüber, die Trauer um Hindenburg sei wohl allgemein, worauf er entgegnete: "Ja, es ist einem, als sei jemand aus der Nachbarschaft gestorben". - Wir sind uns bewußt, einen großen geschichtlichen Augenblick zu erleben. Wir empfinden die überragende, überzeitliche Größe eines Mannes, der zum Schicksal eines jeden von uns geworden ist. Und so mischt sich in die tiefe Trauer um sein Dahinscheiden die Dankbarkeit, daß er "unser" war, daß die Vorsehung ihn uns schenkte, damit er das Schiff des deutschen Reiches in den Stürmen des Weltkrieges nicht nur rette, sondern es auch weiter durch gefahrvolle Klippen sicher steuere. Er als ein Großer erkannte auch die Größe eines anderen und berief ihn an die führende Stelle. Unter dessen starken und weisen Führung dürfen wir getrost der Zukunft entgegensehen - Am Abend des Sterbetages Trauerfeier in der Kirche, an der hauptsächlich die Jugend teilnahm. - Allabendlich bis zum 7. August zwischen 8 und 9 Uhr ½ stündiges Läuten mit allen Glocken angeordnet. Die Fahnen wehen auf Halbmast; die Beamten tragen Trauerflor am Arm 14 Tage lang. - Am 7. August, dem Tage der Beisetzung, lauschten viele, wie auch der Chronist, den Berichten des Radio um 11 Uhr. Da die meisten Leute aber wegen der Arbeit nicht teilnehmen konnten, wurde für abends ab 8 Uhr ein gemeinsamer Empfang der Wiederholung des Berichtes auf unserm Schulhof angeordnet. Die politischen Formationen marschierten geschlossen an; ich sah die B D M (15 Mädchen) unter ihrer Führerin Martha Thielmann (Mühle), sowie die Sanitätskolonne (1´ Mann unter....) und die H.J. vorbeimarschieren. Es sollen etwa ... Personen auf dem Schulhof versammelt gewesen sein. Für das Jungvolk wurde es aber zu spät. Etwa um 10 Uhr wurde noch einmal Hindenburgs Rede am Vorabend des Wahltages im November vorigen Jahres auf Schallplatten durchgegeben. - Am Nachmittag um 5 Uhr hatte das Jungvolk (Zeltlager) am Denkmal eine kurze Feier. - (Als ich morgens am Radioempfang im Nachbarhaus Kolb teilnahm, saß neben dem Schmied = Gustav (Kolb) und anderen Nachbarsleuten auch unser Altveteran da; (1 ½ , zwei ) Jahre jünger als Hindenburg, zog sein eignes Leben wieder an ihm vorbei, als die Redner die großen Linien im Leben Hindenburgs wieder aufzeigten. Wie Hindenburg hatte auch er das deutsche Reich erkämpfen helfen, und nun hatte er auch wie dieser noch die Freude erlebt, das deutsche Volk in allen Stämmen und Ständen geeinigt zu sehen. -
5. August. Missionsfest. Gerne vermerke ich hier, daß diesmal die Jugend der freien Gemeinde am Morgen des Missionsfestes nicht mit dem Posaunenchor nach auswärts ausgerückt war, sondern am Nachmittag, wie auch viele ältere Versammlungsleute, an der Feier bei der Kirche teilnahmen. Ich sehe darin einen Erfolg der Bestrebungen Hitlers auf Versöhnung der Volksgenossen. - Pfarrer Gaul = Dillenburg war unter den Festpredigern.
seite-326 - seite-328
von Kornelia Pelz übersetzt
|