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Die Ortschronik von Reinhard Kuhlmann - Seite 361

Fritz Philippi: Das geistliche Gespenst.

(Als Probe seiner Erzählweise und Darstellungskunst.)

Das Dörflein Steinheid auf dem Hohen Wald war in die Wolken hineingeraten und fand sich in den eignen Gassen kaum noch zurecht von Tür zu Tür. Es hockte still vor sich hin und wartete, obs vom Tag noch ein wenig Licht bekäme oder nicht ... Die Leute hielten sich daheim ... Den beiden riesigen Tannen am Pfarrhaus tropften die langen Bärte, und die anhaltende Stille lauschte, was die Dachtraufe mit dem Wasserfaß noch zu schwatzen habe. - Darum wars schier aufregend, daß ein Schatten aus dem Nebeldorf hervorkam und ein lebendiger, hörbarer Mensch wurde. Ein harter Tritt trappte auf der Pfarrtreppe... Wer jetzt ins Pfarrhaus kam, ging einen sauren Gang und wußte, warum ihn ein strenger Mund gerufen habe. (Der Anton wars, der sich mit seinem Mädchen "vergangen" hatte und sich nun vor dem alten Pfarrer Heuzeroth verantworten sollte. So wollte es der allgemeine Wille, die Dorfsitte: ) Alle Weiber betrieben vor dem Anton eine gemeinsame Angelegenheit und klagten eine uralte Schuld ihres Geschlechtes ein von der Männerart. Vor solcher Bedrängnis gabs keine Wahl. Der Schuldner mußte sich einen Willen in die Fäuste fassen und sich ungesäumt auf den Weg machen zum alten Heuzeroth. Warum anders waren das Pfarrhaus und die Kirche von Stein gebaut, aus eisenhartem Basalt (?) mit mannsdicken Mauern?... Das Christliche war streng und schwer und wollte seine Ordnung und seinen Aufenthalt auf seine Art haben. - (Der Pfarrer läßt den Anton auf der Treppe warten: ) Es enthüpft kein Mensch wie ein Frosch seinem Schicksal. - Wozu anders war der alte Heuzeroth des Herrgotts Amtmann und übte an fünfzig Jahre schon die heimliche Gewalt aus, der keiner zuwider sein durfte? Über jede Menschengeburt hatte er sein Gesicht geneigt. Keiner war gekommen, den der Geistliche nicht als Geburt eintrug ins Kirchenbuch. Und keiner hatte sich davongemacht und sich im Schlupf der Erde versteckt, ohne daß der Alte im wallenden Mantel und mit einem schweren Gottesspruch an der offenen Grube stand. - Das muß einer spüren; doppelt ein junger Bursche, den aus dem Blut heraus eine heimliche Faust an die Rippen stößt und ihm schuld gibt, daß er aus der Heftigkeit seines Bluts gesündigt hat. - Entspringen mochte der Anton und kann nicht. Er hat kein Recht dazu, was er auch zu seiner Entschuldigung vorwendet. Es hat nicht so werden sollen zwischen ihm und der Lene? Ha, so sagt jeder hinterdrein, daß er dem Teufel nicht mit Willen gedient hat. Sie wollten erst sich beide noch etwas "Sach' erobern" und bekämen Sorgen und Kindslast noch früh genug? Das hat die Mutter geraten, die weiß, weshalb sie den Rücken krumm hat und keine Brotkruste mehr kauen kann Beim Anton lautete der Spruch anders. Als er seiner Schwieger die Mannsarbeit tun half, luden sie an einem heißen Erntetag in der Scheuer die vollen Garben ab. Die Lene schwang sie ihm zu und neigte die vollen Hüften in einem heimlichen Lied, das den Anton rauschig machte. - Nach der letzten Garbe nahm er das Mädchen an sich. Sie war doch sein vor allen Leuten und sie gingen schon lange miteinander am helllichten Tag! Einerlei. Auf der Pfarrtreppe ist eine andere Welt. Eben tut sich die Tür auf. Das steinerne Haus schluckt den Anton in sich hinein. - (Der Pfarrer war sich seiner Macht bewußt "über die trotzige und verzagte Menschheit, die ihr Tier antrieb auf den Steinäckern der Gemarkung nahe bei den Wolken" und des Dranges in ihm, "sie gleichermaßen in der Furcht zu halten". Aber er war nun "alt geworden ... und müde vom Menschen bessern". Das kam jetzt dem Anton zugute. Staunend erfährt er, daß der Verdammungsspruch ausbleibt. "Du kannst mir dort den Hund auf Seit' schaffen". Und als der Anton zu nächtlicher Stunde dem Pfarrer den Gefallen getan hat, das alte kranke Tier zu töten, da ist seine Schuld gesühnt, und "Anton und Lene erfüllten im steinernen Kirchenhaus Recht und Ordnung". Ob solchem unerwartet glücklichen Ausgang der Sache behaupteten etliche, "der alte Heuzeroth werde alt, und man dürfe versuchen, zu Martini ihm den Pfarrzins schuldig zu bleiben".)

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von Kornelia Pelz übersetzt

 

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zitiert aus dem "Herborner Tageblatt"

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