Bis 1925, als Moritz Benner
die erste eiserne, motorgetriebene Drehscheibe aufstellte, wurde
in Breitscheid die fußgetriebene "Spindelscheibe" benutzt. Bei
dieser waren die größere Antriebs und die kleinere Arbeitsscheibe,
beide aus Holz, durch eine eiserne Spindel verbunden daher der
Name. Die meisten Häfner haben sie bis zur Aufgabe des Handwerks
beibehalten. Ob es früher hier auch andere Modelle, etwa das aus
dem Rheinland bekannte "Töpferrad" mit einem Speichenrad statt
Antriebsscheibe, gegeben hat, ist nicht bekannt.
Eine
Anzahl gleich großer Ballen lag auf der Werkbank, wenn der Häfner
mit der Dreharbeit begann. Mit leichtem Schlag setzte er einen
Ballen auf die anlaufende Scheibe und drückte ihn mit angenässten
Händen fest an. Nur wenige Umdrehungen genügten, um ihn genau
in Scheibenmitte zu bringen; dann wurde der Ballen mit kräftigem
Druck der beiden Daumen "aufgebrochen" (wie es in der Fachsprache
heißt) und zu einem Hohlzylinder hochgezogen. Während die Drehscheibe
in gleichmäßiger Bewegung gehalten wurde, entstand unter den Händen
des Häfners durch weiteres Hochziehen und Ausweiten das Gefäß
in der gewünschten Größe und Gestalt. Hilfsmittel dabei waren
die "Schiene", eine dünne halbrunde Scheibe aus splitterfreiem
Holz, mit der die rechte Hand die Gefäßwand außen formte und glättete,
und bei großen Gefäßen der "Filz", ein weicher Lederlappen, mit
dem die linke Hand im Gefäßinneren den Gegendruck ausübte.
Seitlich auf der Werkbank
stand ein Topf mit Wasser zum häufigen Annässen der Hände während
der Dreharbeit und daneben ein zweiter Topf zur Aufnahme von "Geschmitz"
(Tonschlicker), das sich auf der Scheibe, an der Schiene und an
den Händen des Häfners bildete und in den Topf abgestrichen wurde.
War das Gefäß fertig gedreht, was auch bei schwierigen Gegenständen
nur Minuten in Anspruch nahm, dann wurde es bei auslaufender Scheibe
mit einem dünnen gedrillten Draht abgeschnitten und auf ein in
Reichweite des Häfners aufgelegtes Brett abgestellt.
Deckel, Kleingefäße, Kinderspielzeug
und "Zauten" (Rohrtüllen für Kaffeekannen und kessel) wurden vom
"Stock" gedreht. Der Stock, in anderen Gegenden "Stoß" genannt,
war ein auf der Scheibe kegelförmig hoch-gezogener größerer Tonballen,
von dem mehrere Gegenstände abgedreht werden konnten, was die
Arbeit des Häfners erleichterte, da kleine Ballen nicht gut zu
handhaben waren. Das Drehen vom Stock erforderte besondere Geschicklichkeit.
Die
Bretter mit der frisch gedrehten Ware schob man auf ein Stangengerüst
unter der Decke des Arbeitsraumes oder in der warmen Jahreszeit
auf ein Gerüst im Freien. Um Risse und Verformungen an den Gefäßen
zu vermeiden, was bei ungleichmäßigem Trocknen vorkommen konnte,
wurden die Bretter öfter umgedreht. Genau abzupassen war der Zeitpunkt,
an dem die Weiterarbeit beginnen musste. Im "lederharten" Zustand
wurden größere Schüsseln und Töpfe, die zur besseren Standfestigkeit
während des Trocknens zunächst stärkere Böden und Wände erhalten
hatten, abgedreht und damit leichter gemacht. Das geschah mit
dreieckigen Schäleisen oder kleinen sichelförmigen Messern. Auch
das Anbringen der "Uhrn" (Ohren = Henkel) und der Tüllen (s. oben)
war dann fällig. Damit waren die Gegenstände im Rohzustand fertig.
Andere Arten der Formgebung,
etwa das Aufbauen großer Gefäße oder das Eindrehen und Gießen
in Gipsformen, haben in Breitscheid keine Bedeutung erlangt. Einige
Versuche sind bekannt aus Briefen des Häfnermeisters Wilhelm Immel
(1843 1892) an einen früheren Gesellen in Dänemark, der Ende der
70er Jahre bei ihm gearbeitet hatte. Er schrieb 1880: "Ich habe
jetzt einen Topf gemacht von Wickeln, wie Du mir gesagt hast,
der geht von der Scheibe bis ans Gerüst; er hält ungefähr 6 -
7 hölzerne Eimer voll Wasser" (50 60 Liter); und 1883: "ich möchte
Dir dann noch mitteilen, dass ich mir für 20 Mark Formen gekauft
habe, wo ich viel Geld mit verdiene. Es muss aber bei Versuchen
geblieben sein; ältere Häfner wussten nichts darüber zu berichten
und der Breitscheider Chronist, Reinhold Kuhlmann, schreibt um
1920, dass bis zur Jahrhundertwende das Häfnerhandwerk hier in
der althergebrachten einfachen Art betrieben worden sei (was ihm
als Nachkomme einer alten Häfnerfamilie aus eigner Anschauung
bekannt war). Das hat sich zwar noch geändert, aber zu einer nennenswerten
Umstellung auf andere Arbeitsweisen ist es nicht gekommen.
aus "260 Jahre Häfnerhandwerk
in Breitscheid" von Ernst Henn