In den ersten Jahrzehnten
der gewerblichen Häfnerei in Breitscheid wurde der Ton in "Erdkauten"
gegraben. Das waren kleine offene Gruben, die sich auf Gemeindeland
befanden und (ohne bergpolizeiliche Aufsicht) jedermann zugänglich
waren auch Fuhrleuten, die Ton gruben und ihn nach auswärts, u.
a. an die Häfner in Herborn, verkauften.
Diese Gewinnungsart, ein
Raubbau, war unwirtschaftlich und gefährlich, so dass nach einem
tödlichen Unfall die Landesregierung in Dillenburg 1786 den Tonbergbau
in ihre Regie übernahm. Zwei Jahre später übertrug sie das alleinige
Abbaurecht an die Gemeinden Breitscheid, Erdbach und Schönbach,
die es heute noch besitzen.
Die Gemeinden hatten nun für
Ordnung und Einhaltung der Sicherheitsvorschriften zu sorgen.
Später ist zum Tongraben
im Tagebau noch der Abbau in Glockenschächten (Untertagebau) hinzugekommen,
der rentabler und sicherer war.
Von 1899 an, als die Firma
Westerwälder Thonindustrie, Breitscheid, südlich des Dorfes eine
Tongrube zur industriellen Ausbeute angelegt hatte, konnten die
Abnehmer in Breitscheid vertraglich gesichert ihren Bedarf auch
dort kaufen, was für sie günstiger war und seitdem mehr und mehr
geschah.
Rohton ist in der Häfnerei
ohne Aufbereitung nicht zu verwenden. Er wurde deshalb im "Ärkeller"
unter Wasserzugabe eingesumpft, um zu "mauken" (durchzuweichen);
konnte er vorher im Freien auffrieren, so kam das dem Vorgang
zugute. Der abgelagerte Ton wurde dann in der "Ärstob" (Erdstube
= Arbeitsraum im Wohnhaus oder in einer Werkstatt) zu einem halbmannshohen
Kegel aufgesetzt und mit der Tonsichel in dünne Streifen geschnitten.
Dabei konnten die größeren Verunreinigungen: Steinchen, grobe
Sandkörner, Wurzeln und Knoten ausgeschieden werden. Bei dem nachfolgenden
Durchtreten der auf dem Boden ausgebreiteten Tonschnitzel, einer
Arbeit mit bloßen Füßen, musste die Masse öfter umgewälzt werden,
bis sie möglichst gleichmäßig plastisch geworden war und keine
spürbaren Fremdkörper mehr enthielt.
Nach dieser schweren und zweifellos
ungesunden Arbeit, die erst in unserem Jahrhundert durch den Gebrauch
der "Ärmöhl" (Erdmühle = Tonknetmaschine mit zwei Walzen und einem
von Hand bewegten Schwungrad) ersetzt wurde, ging die Tonaufbereitung
weiter mit "Wälgern" (Wälzen) und Kneten auf der Werkbank ähnlich
so, wie die Hausfrau früher den Brotteig knetete. Von einer zuletzt
hergestellten Tonrolle brach der Häfner dann die für die vorgesehene
Gefäßgröße passenden Klumpen ab, riss sie auseinander und schlug
sie wieder zusammen, den Vorgang mehrmals wiederholend. Das war
notwendig, um die vom Kneten her noch im Ton befindliche Luft
zu entfernen. Mit diesem "Platzen", ein den Dorfbewohnern vertrautes
Geräusch, und dem anschließenden Formen der Ballen war die Aufbereitung
des Tones beendet.
aus "260 Jahre Häfnerhandwerk
in Breitscheid" von Ernst Henn
.
Tongrube der Westerwälder Thonindustrie
zurück
zu Töpfereien - zur
Arbeit an der Drehscheibe