www.ge-li.de

geschichtsübersicht
Die Ortschronik von Reinhard Kuhlmann - Seite 182

"Heide und Hunger sind verwandt wie Mutter und Kind". (Philippi)

1832, Juli 16., berichtet Vikar Menke an die Amts- Armenkommission zu Herborn, dass "die Kartoffeln und der Hafer, Hauptprodukte hiesiger Gegend, trefflich gerathen" wären im verflossenen Jahr; ferner, dass "besonders in Rabenscheid und Breitscheid überhaupt nur ein geringer Theil der Einwohner ja an den Genuß von Korn- und Gerstenbrod denkt, vielmehr das Brot bey den Aermeren meist ein Gemisch von Gerste, Hafer und Kartoffeln ist". (Wie ist es dagegen heute!) -

Am 30. November desselben Jahres berichtet Menke an dieselbe Stelle: "Hier in Breitscheid sind sehr viele arm." In Rabenscheid habe der Hagelschlag die Felder verwüstet. -

1834 und die folgenden Jahre bestand im Amt Herborn die Einrichtung der Lehnkühe. Die Lehnkuh wurde dem Armen geliehen, um ihm über schwere Zeit hinwegzuhelfen. Besserten sich seine Verhältnisse, so wurde die Kuh einem anderen Bedürftigen überwiesen. Die Kälber behielt er zur Nachzucht. Auch verschiedene Breitscheider genossen die Vergünstigung. So verfügte z.B. im Jahre 1836 die Herzogliche Amts- Armenkommission an den Vikar Schellenberg hier, dass dem Johannes Th. (Assmanns Hannese) zu Breitscheid die Lehnkuh des Joh. Heinrich Peter zu Rabenscheid verwilligt worden sei und dass Johannes Th. dieselbe sogleich abholen könne. (Es war der Sohn des ersten von Schönbach hierher gezogenen Hirten Th. , dessen heutige Nachkommen sich meist in guten Verhältnissen befinden. "Der Bettelsack hängt nicht immer vor der selben Tür", heißt ein Breitscheider Sprichwort.) -

Von der Armut in den 1830er Jahren und der Art, wie man ihr zu steuern suchte, redet noch manches Aktenstück der Armenpflege im hiesigen Pfarrhaus. 1835 und in den folgenden Jahren gaben die Bessergestellten in Breitscheid auf Anregung des Vikars Schellenberg hungernden Armen der Reihe nach in wöchentlichem oder monatlichem Wechsel freien Mittagstisch, was hier gerne festgehalten sein mag. "Edel sei der Mensch, hülfreich und gut". *)

1834: "Neu angelegter Weg nach Langenaubach." (Der neue Hüttenweg) [G. A. Grundsteuer Kataster Nr. 13]

Friedrich Wilhelm Schellenberg war von 1835 - 1838 Vikar hier. Sein Charakterbild schwankt auf den Blättern der Geschichte Breitscheids. Kritik an dem sittlichen Zustand seiner Gemeinden muss einem Pfarrer eingeräumt werden. Aber Vikar Schellenberg hat in den Kirchenakten in auffallender Weise gerichtet. In jedem Menschen malt sich die Welt anders. Jeder projiziert gleichsam sein eignes Wesen nach außen, wenn er sich ein Bild von der Welt macht. Er formt es nach den Elementen seines eigenen Ichs. Schon Plato sagt: "Du siehst (legst andern unter), was du bist!" Wenn der junge Vikar sein ganzes Kirchspiel schwarz und schlecht sieht, so hat er sich damit selbst bloßgestellt. Wer sich bemüht, das Gute in den Menschen zu sehen, wird auch dieses finden.

Der Nachfolger Schellenbergs, Ludwig Hatzfeld, Sohn des Pfarrers von Nenderoth, von 1838 - 1842 Vikar hier, der also noch ein Jahr länger seine Gemeinde kannte, schreibt 1842 unter Hinweis auf Schellenbergs rabenschwarze Urteile in der Kirchenchronik: "Ich wenigstens habe bei meiner vierjährigen Wirksamkeit nicht solch üble Ansicht vom Kirchspiel gewonnen. In Breitscheid herrscht neben einzelnem betrübenden Leichtsinn ein erfreulicher kirchlicher Sinn und finden sich einzelne sehr achtbare Menschen und Familien daselbst. Die Medenbacher sind im Ganzen eine

*) Wie schlecht es damals einem ehemaligen Schulmeister erging: Jak. Mackel, ehemaliger Husar und Schulmeister und Senior der Gemeinde Medenbach richtet 1835 ein Gesuch an das "hochpreisliche Staatsministerium" zu Wiesbaden um Unterstützung, da er in großer Not bei Kindern mit Kindern lebe und so arm sei, wie es ein Mensch nur immer sein könne. (Er erhielt eine Unterstützung, dass er sich einen Anzug kaufen konnte.) (Pfarrhaus)

seite-181 - seite-183

von Kornelia Pelz übersetzt

 

zu den Seiten: Übersicht
I II III IV 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47a 47b 47c 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121 122 123 124 125 126 127 128 129 130 131 132 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142 143 144 145 146 147 148 149 150 151 152 153 154 155 156 157 158 159 160 161 162 163 164 165 166 167 168 169 170 171 172 173 174 175 176 177 178 179 180 181 182 183 184 185 186 187 188 189 190 191a 191b 192a 192b 193 194 195 196 197 198 199 200 201 202 203 204 206 207 208 209 211 212 213 214 215 216 217 218 219 220 221 222 223 224 225 226 227 228 229 230 231 232 233 234 235 236 237 239 240 241 242 243 244 245 246 247 248 249 250 251 252 253 254 255 256 257 258 259 260 261 264 265 266 269 270 271 272 273 274 275 276 277 278 279 280 281 282 283 284 285 286 287 288 289 290 291 292 293 294 295 296 297 298 300 301 302 303 304 305 306 307 308 309 310 311 312 313 314 315 316 317 318 319 320 321 322 323 324 325 326 327 328 329 330 331 332 333 334 335 336 337 338 339 340 341 342 343 344 345 346 347 348 349 350 351 352 353 354 355 356 357 359 361 362 363 364 365 366 367 368 369 370 371 372 373 374 375 376 377 378 379 380 381 382 383 384 385 386 387 388 390 391 392 393 394 395 396 397 398 399 400 401 402 403 404 405 406 407 408 409 410 411 412 413 414 415 416 417 418 419 420 423 424 425 430
Inhaltsverzeichnis

zurück zur Chronik

 

home | blog alt-breitscheid
hausnamen || liste | karte | ansichten | flurnamen | familien |
geschichte || Geschichtstafel | chronik | karte | kriege | friedenszeit | ereignisse |
schulen || kirchweg | lick | neue schule | klassenfotos |
kirchen || evangel. | konfirmandenfotos | freie evangel. | katholische | pfarrer | kirchgeschichte | feg-entstehung | posaunen | kirchhof |
arbeit || rathaus | landwirtsch. | töpferei | haus | ton-ind. | post | a-dienst | bahn | verkehr | stein | wald | wirtschaften | arzt |
fritz philippi || fortsetzungsgeschichte | buch | über ihn | gedichte |
freie-zeit || vereine | feste | gedichte | spazieren | sport | feuerwehr | musik | hochzeiten
kinder || vor der schulzeit |
 
höhle >
kontakt
anfahrt >
gästebuch >
site map
impressum

powered by FreeFind

Eine Gesellschaft hat keine Zukunft, wenn sie sich nicht an die Vergangenheit erinnert.
zitiert aus dem "Herborner Tageblatt"

Diese Seite "Alt-Breitscheid" wird von diesem Blog begleitet: http://altbreitscheid.wordpress.com/

Copyright 2008-10 G.Lingenberg.