Wie unsere Heide, so war auch unser Wald nicht stumm für Philippi. Er wusste sein Raunen zu deuten; und was es in ihm weckte, hat er in dem tief empfundenen Gedichte "Stumm?" zum Ausdruck gebracht. "Wer sagt, du wärest stumm, du hoher Wald, der kennt dich nicht. Verschloss'nen Herzens ging er taub vorbei und ohne Gegengruß". (Das ganze Gedicht siehe auf der nächsten Seite!)
Die Bewohner der freien Heide sind besonders begnadet. So idyllisch auch unsere, in engen Tälchen gebetteten Nachbardörfer liegen, wir tauschen nicht mit ihnen, wir fühlen uns freier und leichter in unserem Hochland. "Nur auf den Bergen wohnt die Freiheit!"
Wieviel reizende Plätzchen gibt es in unserer Gemarkung! Sollen wir einzelne nennen? Wenn sie Heimatland ist, wo ihm also einst die reinsten Freuden, die Kinderfreuden, erblühten, wo er die Weiden auf dem Schuh losklopfte zu den Pfeifen und Hupen, wo er die "Schnäjelshäuscher", die Hummelsnester und die Steckelchen zum Ostergärtchen, die Blumen, Erdbeeren, Himbeeren und Nüsse suchte, wo er als Bauernkind in Feld, Wiese und Wald arbeitete und an Rainen, Bäumen und Büschen mit den Seinen das Mahl hielt oder müde den Buckel ins Gras streckte und in die Wolken schaute, - dem sind unzählige Fleckchen lieb und teuer u. der Erinnerung geweiht.
In festliche Stimmung versetzt uns ein "Spaziergang" (Wie würde ihn Schiller erlebt haben!) an den Höhenrändern entlang wo unsere Hochwiesen sich zutraulich an den Wald lehnen. Eine Bank am "grünen Wieschen" lädt uns zur Rast ein, und nun sind wir Zuschauer in einem herrlichen Amphitheater. "O Erd, o Sonne, o Glück, o Luft!" Zu unsern Füßen der bunte Wiesenteppich, unten das Dorf als die Arena, der Schauplatz des Lebens der Menschen, denen die Umwelt in ihrer Fülle und Schönheit zu dienen bestimmt ist. (Mögen sie alle ihre Rolle gut spielen!)
Wie hingeträumt liegt das Dorf mit seinem alten Kirchlein, freundlich von Obstpflanzungen durchsetzt und umkränzt, und im weiteren Kreise nachbarlich umruht von der friedlichen Flur. An und auf der Höhe dann die dunklen Streifen der Schutzhecken und des Hochwaldes, die das Grün der Wiesen und Weiden in anmutigem Wechsel unterbrechen und gegen den blauen Himmel abgrenzen.
Und wandern wir weiter nach Pfaffenrain, so weitet sich der Blick in die Ferne über die in bläulichem Dunste liegenden Berge des Hinterlandes und der Gegend von Wetzlar, ja, einige Minuten von der Ecke aus dorfwärts zu, bei den Sandgruben, sieht man bei klarer Luft durch eine Einsattelung in der Gegend von Roth die Gebäude auf dem großen Feldberg im Taunus.
Drüben von Hermannsroth aus , wo in den letzten Jahrzehnten ein Aussichtsturm stand, wieder ein anderes Bild, doch nicht minder großartig, über das Dorf hin wie auch in die Ferne.
Wo Lich ist, ist auch Schatten. Wir wissen es wohl. Wir kennen auch die Gegenseite, die Unbilden der Witterung in einem langen Winter, das späte Frühjahr und die Beschwerlichkeiten auf dem Felde, wenn früh ein kalter und nasser Herbst eintritt. Aber wir werten alle diese Misshelligkeiten als Gegensätze, die notwendig sind, um unser Glück um so größer werden zu lassen. Denn
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von Kornelia Pelz übersetzt
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