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Die Ortschronik von Reinhard Kuhlmann - Seite 328

1934

Die Talsperre bei Driedorf ist im Bau; wie verlautet, soll sie bis zum Herbst fertig sein. Über 1000 Arbeiter werden gegenwärtig dort beschäftigt. Auch von Breitscheid fahren einige morgens ½ 5 Uhr mit dem Auto hin.

- Man sieht in diesem Jahr soviel Kurgäste wie noch nie hier. Sie kommen von Schönbach und Erdbach her, um die Häfner bei der Arbeit zu sehen. Moritz Benner hat die meisten Besucher.
- In Breitscheid hat die Pension des Predigers Krug in der Landstrut etwa 1 Dutzend Kurgäste zur Zeit. Breitscheid hat besondere Vorzüge vor den Kurorten Erdbach und Schönbach, besonders die kräftigere Luft und die freiere Lage. Aber es liegt nicht an der Bahn, hat auch keine neuzeitlichen Hotelpensionen, wie sie an den Bahnhöfen zu Erdbach und Schönbach entstanden und Schönbach hat ihm voraus auch seinen Badeweiher. In unserer Beilage zum Herborner Tageblatt vom 14.11.1931 schrieb ich unter anderem:

"Breitscheid empfiehlt sich als Luftkurort.... Mit Kurmusik, Tennisplätzen und dergleichen schönen Dingen können wir freilich nicht aufwarten. Dafür bieten wir aber Anderes, Erstklassiges: Keine Kurtaxe, Konzert der Sänger des Waldes, Lerchentrillern über grünen Saaten, Wandelhallen im Fichtenhain, Promenaden im goldnen Weizenfeld, Höhensonne und ozonreiche "Wäller Luft," die die Wangen bräunen wie die Seeluft, unverfälschte Nahrungsmittel aus erster Hand, vor allem eine Milch, so gehaltvoll wie von Alpenkräutern, ferner azurne Einsamkeit" auf unserer Hub, daneben auch mancherlei Ablenkung durch Betrachtung der Arbeiten in Feld und Wiesen, in der Werkstatt der Bauern, der schönsten von allen! Überhaupt ist der Aufenthalt unter Bauern ein herzstärkendes Stahlbad. Hier sieht man: "Die Welt ist nicht aus Brei und Mus geschaffen!" In harter Arbeit ringt der Bauer um ein bescheidenes Dasein und ist dabei gesund und zufrieden, soweit es heute ein Deutscher sein kann. Und er hat noch einen Sonntag, weil er eine saure Woche hinter sich hat."

16. September. Wiedersehensfeier der 60 jährigen im kirchlichen Vereinshaus. Diese Feier drängte sich geradezu durch die Tatsache auf, daß der Jahrgang der in 1874 hier Geborenen noch so stark und vollzählig vertreten ist, wie es selten in diesem Alter noch der Fall sein dürfte: noch ein Dutzend "Jungen" leben und alle acht "Marercher". So war mit den Ehegatten und Gästen eine ansehnliche Festversammlung zustande gekommen. Von Herborn kamen zwei "Kameraden", die Postbeamten Brandenburger und Thielmann, von Schönbach und Erdbach je eine Kameradin, und von Mainz war "Binnersch Oskar" (Bechtum) herbeigeeilt, den viele seit mehr als 40 Jahren nicht mehr gesehen hatten. "Kamerad" Konrektor i. R. Wilhelm Becker, Ohligs, war leider verhindert, persönlich an der Feier teilzunehmen, aber er gedachte ihrer in einem humorvoll gehaltenen Briefe, der auf seinen Wunsch von "Bechtums Ernst" (Techniker Thielmann) vorgelesen wurde. Gespannt lauschten die Feiernden, als in dem Briefe ihres ehemaligen Lehrers Ernst Herr gedacht wurde, dem in seiner pflichtgetreuen und frommen Art die Pflege der ihm Anbefohlenen besonders Herzenssache war. Aus unserer Chronik konnte dann die Erinnerung an diesen geliebten und hochverehrten Lehrer noch lebendiger gemacht werden. Die 60 jährigen hatten aber die Freude, von ihren ehemaligen drei Lehrern den Lehrer Kegel bei sich zu sehen, der sie ja auch noch ein halbes Jahr als neugebackener "klaaner Schulmaster" betreut hatte. In einer Ansprache frischte er noch Erinnerungen an das damalige Schulleben auf. (Seit 1928 lebt er hier im Ruhestand.)
- Gemeindeschulze Bechtum betonte, daß diese Feier die erste ihrer Art in Breitscheid sei und gab dem Wunsche Ausdruck, daß sie Nachahmer finden möchte. Und in der Tat, wie sehr sind solche Feiern geeignet die religiösen und gesellschaftlichen Gegensätze in unserem Volke zu überbrücken und unser Volkstum in unseren schönen Volksliedern zu pflegen.! Der Dank an den Höchsten, von dem unser Dasein in jeder Sekunde unseres Lebens abhängig ist, ward nicht vergessen, und umrahmt war die Feier von den Liedern "Lobe den Herren" und "Ach bleib mit deiner Gnade"; aber indem wir auch "Im schönsten Wiesengrunde" und "Am Brunnen vor dem Tore" sangen, kam auch das Volkslied zu seinem Rechte. (Der Chronist nahm als Gast teil an der Feier.)

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von Kornelia Pelz übersetzt

 

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Eine Gesellschaft hat keine Zukunft, wenn sie sich nicht an die Vergangenheit erinnert.
zitiert aus dem "Herborner Tageblatt"

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