Der Weltkrieg forderte auch die deutschen Glocken. Unsere große und unsere kleine Glocke beließ man uns, wohl deshalb, weil sie zu den ältesten Glocken gehörten und nicht ohne künstlerischen Wert waren. Aber unsere Feuerglocke, die mittlere, musste dran glauben. Man vermutete, dass sie einen leichten Sprung habe, da ihr Ton nicht mehr ganz rein war. Beim Läuten hatte man es aber noch nicht gemerkt. Diese Glocke war noch in der katholischen Zeit Breitscheids angeschafft (F: worden wie alle unsere 3 Glocken) und dem Schutzheiligen unserer Kapelle, dem heiligen Antonius, geweiht worden. Die Inschrift lautete: Anthonius heis ich Henrich von prum gos mich anno dom "...12" (1512). (Prüm liegt in der Eifel). - Am Mittwoch, den 28. Juni 1917 sollte diese Glocke ihren letzten Gang tun. Mittags 2 Uhr läuteten noch einmal alle drei Glocken zum Abschied der einen Glocke.
"Nun fährst auch du dahin, des Krieges Beute,
Zum letzten mal tönt eignes Grabgeläute."
Als die Töne verklungen waren, wurde die Glocke aus dem östlichen Turmfenster herabgeworfen. Viele eilten hin, um sie noch einmal zu sehen. Gewiß ist die Glocke ein fühllos Erz, und doch stimmte es uns wehmütig, als wir zum letzten mal ihre uns von Jugend auf so wohlvertrauten Klänge hörten. Wie sind doch die Glocken mit dem Ergehen einer Gemeinde durch Jahrhunderte hindurch verwachsten! "Selbst herzlos, ohne Mitgefühl", begleiten sie "mit ihrem Schwunge des Lebens wechselvolles Spiel". Sie haben gestürmt in Kriegs- und Feuersgefahren, sie haben gejubelt an Sieges- und Feiertagen, sie haben gerufen zu gemeinsamer Arbeit, sie haben gelockt zum Kirchengang, sie haben geklagt, als man unsere Liebsten zu Grabe trug, sie haben gemahnt nach arbeitsvoller Woche beim heiligen Abendläuten: Menschenkind, mache dich nun frei von aller Erdgebundenheit und erhebe deine Seele zu Höherem: Morgen ists Sonntag, morgen ists Feiertag! Und als des Pfarrers Hand bei unserer Konfirmation über uns ruhte und sein Mund uns einen "Denkspruch" in die Seele senkte, da begleiteten die Glocken die Schwingungen unserer Seele, dass es uns heilig durchschauerte. "Schutz und Schirm vor allem Argen, Stärke und Hülfe zu allem Guten"! Nicht bloße Neugierde wars drum, die die Menschen noch einmal hintrieb zur Glocke, sondern das Beste in ihnen, das so unbewusst mahnte: Ich muß die Glocke noch einmal sehen!
seite-32 - seite-34
von Kornelia Pelz übersetzt
|