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Die Ortschronik von Reinhard Kuhlmann - Seite 382

tete Angaben anzusehen, die in der höchsten Not gemacht wurden und darum als erpresste Geständnisse keinen Wert haben. So heißt es von der Dilgen Schmitt: "... hats danach zum ernst kommen und sich uff die folter spannen lassen und bekennt..."

Einige Anklagepunkte unserer Protokolle können auf natürliche Weise erklärt werden. So kann das, was Friedrich Scheffer der Dilgen vorwirft (S. 377377) sehr wohl geschehen sein. Die Einäugige (sie hatte sich selbst das Auge durch eine Wid verletzt) hat als Hexe gegolten. Als sie nun auf der Wiese im Tiergarten ihrem Nachbarn Scheffer zu nahe kommt, glaubt er, sie habe ihn angeblasen. Obs wirklich geschehen war, ist ja nebensächlich; verhängnisvoll wurde für ihn, daß er's glaubte, und daß er auch glaubte, sie könne ihm schaden und habe es auch gewollt. Und nun kommt durch Scheffers eignes Verschulden, nämlich sein falsches Denken, seine Annahme, die Wirkung derseben. Was er fürchtet, kam über ihn: eine Hexe hatte ihn angeblasen, er erwartete krank zu werden und wurde es. Das ist die Wirkung des Glaubens, der Suggestion. Ebenso kann der Vorfall im Backhaus (S. 37 ) auf Wahrheit beruhen. Wieder Wirkung der eignen Gedanken. Ob die Dilgen dem Manne hat schaden wollen und hat schaden können, indem sie über seinen Arm blies und dabei ihre ganze Gedankenkraft auf den einen Punkt sammelte: "Nun, wenn ich denn einmal eine Hexe sein soll, so sollt ihrs auch in des Teufels Namen erfahren, verflucht sei dein Arm!" - mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls ist alle Fremdbeeinflussung wirkungslos, wenn sie nicht in Selbstbeeinflussung (Autosuggestion) umgesetzt wird, oder einfacher gesagt: wenn der andere es nicht im Glauben annimmt. Es braucht also niemand einen bösen fremden Einfluß zu fürchten. Entscheidend wird die eigne Gedankenhaltung. Hätte Hirtz Hannes bei der Begegnung mit der Dilgen gelächelt und gedacht: "Du tust mir nichts! Es kann mir nichts geschehen, ich bin in Gottes Hut, und er, der Gute, ist die einzige Macht", so wäre seine Hand nicht lahm geworden. Man sieht auch, wie schwer es für die Leute damals war, nicht an Hexerei zu glauben. Sie sahen Wirkungen, doch die Ursachen, der Einblick in den psychologischen (seelengesetzlichen) Zusammenhang des Geschehens blieb ihnen verborgen, und so deuteten sie es falsch. Sie stempelten die Dilgen zur Hexe, und nun beeinflußte die allgemeine Meinung wieder die Dilgen, daß sie schließlich selbst glauben mußte, der Leibhaftige habe von ihr Besitz ergriffen. Ein Zirkelschluß, der entsetzliche Folgen haben mußte! So mag es auch bei anderen Frauen gewesen sein; sie bildeten sich schließlich ein, eine Hexe zu sein, und ihre innere Verfassung trat dann nach außen in Erscheinung. Die Zeitverhältnisse begünstigten solche Absonderlichkeiten. Hungerjahre waren vorausgegangen, die Gesundheit der Frauen war geschwächt und wurde weiter zerrüttet durch die fortwährende Angst, auch als Hexe eingezogen zu werden, denn niemand war vor dieser Gefahr sicher. Träume beunruhigten besonders empfindliche Frauen. Hatte da z.B. eine geträumt, wie das bei nervenschwachen Menschen vorkommt, daß sie über die Erde schwebe, so stattete sie diesen Traum mit den Vorstellungen aus, die über das Fliegen der Hexen mit dem Teufel zu den Tänzen im Umlauf waren "Ich bin vielleicht auch eine Hexe!" Der Gedanke tauchte anfangs nur zaghaft auf; das Grausige, das es zur Folge haben konnte, drängte ihn wieder zurück: nein, nein, das darf ja nicht sein! Aber das Verdrängte war eben nur verdrängt und kam gelegentlich verstärkt wieder ins Bewußtsein, bis es der betreffenden Person zur Gewissheit wurde: ja, ich bin auch eine! Aber nun niemand etwas sagen! Eine furchtbare Überzeugung auf die Dauer verbergen, das gelang nicht: Unruhe und sonderbares Verhalten zeigte sich und fiel auf. So hat die Tochter der Dilgen angegeben, daß ihre Mutter,

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von Kornelia Pelz übersetzt

 

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zitiert aus dem "Herborner Tageblatt"

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