"wenn ein Fest vor der Türe gewesen, ... allzeit sehr wunderlich gewesen, daß man nicht wohl mit ihr fortkommen können". Vielleicht fürchtete die Dilgen, bei den Festbesuchern aufzufallen und als Einäugige und von der Angst Gezeichnete für eine Hexe gehalten zu werden; bleibe sie aber dem Feste fern, so käme sie erst recht in Verdacht; dann sage man, der Teufel verbiete ihr, den Gottesdienst zu besuchen. Was sollte die Ärmste also tun?! Adams Anna hatte die Dilgen einmal in ihrem Haus die Hände ringend und schreiend gefunden; und auf die Frage, warum sie so schreie, hat sie geantwortet, "ich kann mein groß hertzeleid nit alle geklagen". - In diesem Zusammenhang sei angeführt, was der Arzt Weier, der zu den Wenigen seiner Zeit gehörte, die das scheußliche Verfahren gegen die Hexen bekämpften, schon 1563 in einem Buche schrieb. Er sagt, alles was man den Hexen zur Last lege, sei Unsinn und Lüge, und wenn die Weiber sich solcher Dinge, wie der Buhlschaft mit dem Teufel, schuldig bekennten, so müßten sie ärztlicher Pflege, nicht aber dem Scheiterhaufen überantwortet werden. "Hexen sind Weibsbilder, mehrteils schwache Geschirr, betagtes Alter, ihrer Sinne auch nicht aller Dinge bei ihnen selber, oft in Schwermut, in welcher ihnen der Teufel andrer Leute Unglück und Schaden so stark einbildet, daß sie nicht anders meinen, denn sie haben es getan, da sie doch der Sachen allerdings unschuldig sein ... Die wahnwitzigen Mütterlinnen (?) welchen der Dachstuhl verrückt ist, so doch keine sonderbare Missetat begangen, hat man ohne alles Erbarmen in tiefe, finstere Thüren geworfen, für Gericht gestellt, zum Tode verdammt und endlich in dem Rauch zum Himmel geschickt, und zwar auf ihre bloße Bekenntnis hin". - In Lindheim in Hessen tobten die Hexenverfolgungen in furchtbarer Weise. "5-6 Weiber zu Lindheim," erzählt Horst, "wurden entsetzlich gemartert, damit sie bekennen sollten, ob sie nicht auf dem Kirchhof des Orts ein vor kurzem daselbst verstorbenes Kind ausgegraben und zu einem Hexenbrei gekocht hätten. Sie gestanden, dieses getan zu haben. Der Gatte einer dieser Unglücklichen brachte es endlich dahin, daß das Grab in Gegenwart des Ortsgeistlichen und mehrerer Zeugen geöffnet ward. Man fand das Kind unversehrt im Sarge!" (Die Frauen wurden aber doch "zur größeren Ehre des dreieinigen Gottes" verbrannt.)
Daß die Hexensabbate auf gewissen Plätzen (Hiefholder, [zwischen Schönbach und Hörbach], Hub, Barstein pp., zu denen die Breitscheider Hexen auf Kuhköpfen hingefahren sein wollen, pure Einbildungen waren, erhellt aus der Aussage der Lena Hoff. Nachdem sie den Besuch dreier Tänze erwähnt hat, sagt sie, es sei in der Nacht geschehen, sie wüßte aber nicht, wie sie dahin gekommen sei, auch nicht, wie sie wieder heimgekommen sei, als sie wach geworden, habe sie bei ihrem Mann im Bett gelegen. Also ein Traum! - Die angeblichen Missetaten in den Viehställen sind auch wohl alle als erdichtet anzusehen. Wo wirklich Vieh umgekommen ist, wird es auf natürliche Ursachen zurückzuführen sein. Wieviel Vieh und wieviele Kinder wollen die Frauen umgebracht haben! Wenn das alles wirklich geschehen wäre, so hätte das Volk wohl die Hexen erschlagen, sobald der Verdacht auf sie gelenkt worden wäre, und das Gericht hätte sich nicht mit ihnen zu befassen brauchen. - Wir haben hier in der Chronik die Protokolle gekürzt wiedergegeben. Daß sie einen so großen Umfang annahmen, lag in der Natur des Gerichtsverfahrens. Wie eine ansteckende Krankheit verbreiteten sich die Gerichtsprozesse, sobald in einem Dorfe der Anfang gemacht worden war. Der Richter wollte noch andere, der Hexerei Verdächtige erfahren, und unter der Folter oder der Androhung derselben sagten die Gepeinigten und Verängstigten, wen sie auf den Hexentänzen gesehen haben wollten. "Die Gaja muß andere, ob sie schon von ihnen nichts Böses weiß, anzeigen ... und ist hier also kein Anfang noch Aufhören". So sagt Friedrich Spee, der um 1629 schon seine Erfahrungen in den Hexenprozessen gesammelt hatte, die ihn veranlassten, 1631 eine Schrift gegen den Hexenwahn ohne seinen Namen heraus zugeben. Als Jesuitenpater war ihm die schwere Aufgabe zugefallen, etwa 200 Hexen auf ihrem Gange
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von Kornelia Pelz übersetzt
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