www.ge-li.de

geschichtsübersicht
Die Ortschronik von Reinhard Kuhlmann - Seite 383

"wenn ein Fest vor der Türe gewesen, ... allzeit sehr wunderlich gewesen, daß man nicht wohl mit ihr fortkommen können". Vielleicht fürchtete die Dilgen, bei den Festbesuchern aufzufallen und als Einäugige und von der Angst Gezeichnete für eine Hexe gehalten zu werden; bleibe sie aber dem Feste fern, so käme sie erst recht in Verdacht; dann sage man, der Teufel verbiete ihr, den Gottesdienst zu besuchen. Was sollte die Ärmste also tun?! Adams Anna hatte die Dilgen einmal in ihrem Haus die Hände ringend und schreiend gefunden; und auf die Frage, warum sie so schreie, hat sie geantwortet, "ich kann mein groß hertzeleid nit alle geklagen". - In diesem Zusammenhang sei angeführt, was der Arzt Weier, der zu den Wenigen seiner Zeit gehörte, die das scheußliche Verfahren gegen die Hexen bekämpften, schon 1563 in einem Buche schrieb. Er sagt, alles was man den Hexen zur Last lege, sei Unsinn und Lüge, und wenn die Weiber sich solcher Dinge, wie der Buhlschaft mit dem Teufel, schuldig bekennten, so müßten sie ärztlicher Pflege, nicht aber dem Scheiterhaufen überantwortet werden. "Hexen sind Weibsbilder, mehrteils schwache Geschirr, betagtes Alter, ihrer Sinne auch nicht aller Dinge bei ihnen selber, oft in Schwermut, in welcher ihnen der Teufel andrer Leute Unglück und Schaden so stark einbildet, daß sie nicht anders meinen, denn sie haben es getan, da sie doch der Sachen allerdings unschuldig sein ... Die wahnwitzigen Mütterlinnen (?) welchen der Dachstuhl verrückt ist, so doch keine sonderbare Missetat begangen, hat man ohne alles Erbarmen in tiefe, finstere Thüren geworfen, für Gericht gestellt, zum Tode verdammt und endlich in dem Rauch zum Himmel geschickt, und zwar auf ihre bloße Bekenntnis hin". - In Lindheim in Hessen tobten die Hexenverfolgungen in furchtbarer Weise. "5-6 Weiber zu Lindheim," erzählt Horst, "wurden entsetzlich gemartert, damit sie bekennen sollten, ob sie nicht auf dem Kirchhof des Orts ein vor kurzem daselbst verstorbenes Kind ausgegraben und zu einem Hexenbrei gekocht hätten. Sie gestanden, dieses getan zu haben. Der Gatte einer dieser Unglücklichen brachte es endlich dahin, daß das Grab in Gegenwart des Ortsgeistlichen und mehrerer Zeugen geöffnet ward. Man fand das Kind unversehrt im Sarge!" (Die Frauen wurden aber doch "zur größeren Ehre des dreieinigen Gottes" verbrannt.)

Daß die Hexensabbate auf gewissen Plätzen (Hiefholder, [zwischen Schönbach und Hörbach], Hub, Barstein pp., zu denen die Breitscheider Hexen auf Kuhköpfen hingefahren sein wollen, pure Einbildungen waren, erhellt aus der Aussage der Lena Hoff. Nachdem sie den Besuch dreier Tänze erwähnt hat, sagt sie, es sei in der Nacht geschehen, sie wüßte aber nicht, wie sie dahin gekommen sei, auch nicht, wie sie wieder heimgekommen sei, als sie wach geworden, habe sie bei ihrem Mann im Bett gelegen. Also ein Traum! - Die angeblichen Missetaten in den Viehställen sind auch wohl alle als erdichtet anzusehen. Wo wirklich Vieh umgekommen ist, wird es auf natürliche Ursachen zurückzuführen sein. Wieviel Vieh und wieviele Kinder wollen die Frauen umgebracht haben! Wenn das alles wirklich geschehen wäre, so hätte das Volk wohl die Hexen erschlagen, sobald der Verdacht auf sie gelenkt worden wäre, und das Gericht hätte sich nicht mit ihnen zu befassen brauchen. - Wir haben hier in der Chronik die Protokolle gekürzt wiedergegeben. Daß sie einen so großen Umfang annahmen, lag in der Natur des Gerichtsverfahrens. Wie eine ansteckende Krankheit verbreiteten sich die Gerichtsprozesse, sobald in einem Dorfe der Anfang gemacht worden war. Der Richter wollte noch andere, der Hexerei Verdächtige erfahren, und unter der Folter oder der Androhung derselben sagten die Gepeinigten und Verängstigten, wen sie auf den Hexentänzen gesehen haben wollten. "Die Gaja muß andere, ob sie schon von ihnen nichts Böses weiß, anzeigen ... und ist hier also kein Anfang noch Aufhören". So sagt Friedrich Spee, der um 1629 schon seine Erfahrungen in den Hexenprozessen gesammelt hatte, die ihn veranlassten, 1631 eine Schrift gegen den Hexenwahn ohne seinen Namen heraus zugeben. Als Jesuitenpater war ihm die schwere Aufgabe zugefallen, etwa 200 Hexen auf ihrem Gange

seite-382 - seite-384

von Kornelia Pelz übersetzt

 

zu den Seiten: Übersicht
I II III IV 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47a 47b 47c 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121 122 123 124 125 126 127 128 129 130 131 132 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142 143 144 145 146 147 148 149 150 151 152 153 154 155 156 157 158 159 160 161 162 163 164 165 166 167 168 169 170 171 172 173 174 175 176 177 178 179 180 181 182 183 184 185 186 187 188 189 190 191a 191b 192a 192b 193 194 195 196 197 198 199 200 201 202 203 204 206 207 208 209 211 212 213 214 215 216 217 218 219 220 221 222 223 224 225 226 227 228 229 230 231 232 233 234 235 236 237 239 240 241 242 243 244 245 246 247 248 249 250 251 252 253 254 255 256 257 258 259 260 261 264 265 266 269 270 271 272 273 274 275 276 277 278 279 280 281 282 283 284 285 286 287 288 289 290 291 292 293 294 295 296 297 298 300 301 302 303 304 305 306 307 308 309 310 311 312 313 314 315 316 317 318 319 320 321 322 323 324 325 326 327 328 329 330 331 332 333 334 335 336 337 338 339 340 341 342 343 344 345 346 347 348 349 350 351 352 353 354 355 356 357 359 361 362 363 364 365 366 367 368 369 370 371 372 373 374 375 376 377 378 379 380 381 382 383 384 385 386 387 388 390 391 392 393 394 395 396 397 398 399 400 401 402 403 404 405 406 407 408 409 410 411 412 413 414 415 416 417 418 419 420 423 424 425 430
Inhaltsverzeichnis

zurück zur Chronik

 

home | blog alt-breitscheid
hausnamen || liste | karte | ansichten | flurnamen | familien |
geschichte || Geschichtstafel | chronik | karte | kriege | friedenszeit | ereignisse |
schulen || kirchweg | lick | neue schule | klassenfotos |
kirchen || evangel. | konfirmandenfotos | freie evangel. | katholische | pfarrer | kirchgeschichte | feg-entstehung | posaunen | kirchhof |
arbeit || rathaus | landwirtsch. | töpferei | haus | ton-ind. | post | a-dienst | bahn | verkehr | stein | wald | wirtschaften | arzt |
fritz philippi || fortsetzungsgeschichte | buch | über ihn | gedichte |
freie-zeit || vereine | feste | gedichte | spazieren | sport | feuerwehr | musik | hochzeiten
kinder || vor der schulzeit |
 
höhle >
kontakt
anfahrt >
gästebuch >
site map
impressum

powered by FreeFind

Eine Gesellschaft hat keine Zukunft, wenn sie sich nicht an die Vergangenheit erinnert.
zitiert aus dem "Herborner Tageblatt"

Diese Seite "Alt-Breitscheid" wird von diesem Blog begleitet: http://altbreitscheid.wordpress.com/

Copyright 2008-10 G.Lingenberg.